Auch wenn die Mieterversammlung am vergangenen Montag, für die Mieterschaft des Wohnkomplexes von Empira /Arz8 PropCo und der Verwaltung talyo. recht spontan und kurzfristig einberufen wurde, so haben doch – trotz der angekündigten Modernisierungen und den daraus folgenden tüchtigen Mieterhöhungen – nur erstaunlich wenig Betroffene den Weg quer über die Straße gefunden, in den Saal des Gemeindehauses am Pillnitzer Weg.
Am Ende haben dann aber alle noch Anwesenden aus betroffenen Wohnaufgängen gemeinsam ihre Bitte um Unterstützung an das Bezirksamt formuliert und unterschrieben!
Denn, wie derzeit, für Mieter:innen des Immobilienriesen Deutsche Wohnen im Falkenhagener Feld, An der Kappe, erhoffen sich auch die Mieter:innen aus dem Wohnkomplex der Schweizer Empira AG bzw. ihrer Luxemburger Tochter Arz8 PropCo und der in Berlin ansässigen Immobilienverwaltung talyo. Property Services vom Bezirksamt – allen voran von der Bezirksbürgermeisterin Brückner und dem Sozialstadtrat Kempert – die Unterstützung, dass mit Eigentümerin und Verwaltung über sozial verträgliche Lösungen und Wege verhandelt wird, damit auch nach der Modernisierung niemand wegen nicht erfüllbaren Mietforderungen in Schwierigkeiten gerät bzw. verdrängt wird.
Denn schon jetzt sind den Ankündigungsschreiben zu den geplanten Modernisierungen zu entnehmen, dass mit der erlaubten Umlage von 8% der Kosten, nach Abschluss der Arbeiten, gewaltige Steigerungen um bis zu einem Viertel der bisherigen Miete zu erwarten sind.
Vorweg aber wurden die Anwesenden ausführlich informiert über die jeweiligen Rechte und Pflichten und über die gesetzten Fristen für Duldungserklärung aber auch für einen eventuellen Antrag auf Ausnahmeregelungen:
• aufgrund “Persönlicher Voraussetzungen“, wie z.B. Behinderungen, strukturelle oder gesundheitliche Gründe, die – auch ein nur vorübergehendes – Verlassen der Wohnung und die Duldung von Bauarbeiten bei Anwesenheit in der Wohnung nicht zulassen
• aufgrund “Sozialer Härte“, d.h. hier geht es nicht um die Duldung der Maßnahmen und deren Ausführung sondern “nur” um die daraus folgende Miethöhe, falls diese für die konkrete Einkommenssituation nicht tragbar sein sollte. Es gilt dafür als “Faustregel”, dass ein Sozialer Härtefall dann vorliegt, wenn die zu zahlende Miete über dem Limit von 30% des Netto-Einkommens des Haushaltes (Nettolohn/-gehalt, Renten, Transferleistungen ALG, Sozialhilfe, Zuschüsse) übersteigen wird. Nicht als Haushaltseinkommen gewertet werden Kindergeld oder Unterhaltszahlungen.
Frist für den Eingang der Anträge – bei der Hausverwaltung – ist der 30. September 2022.
Gleich mit den notwendigen Bescheiden, Gehaltsabrechnungen, Steuererklärungen etc. belegen bzw. diese Unterlagen in Kopie umgehend nachreichen.
zum download: Muster Antrag Härtefall (docx-Datei)
Wichtig: Auch wenn die Miete von Jobcenter oder Sozialhilfe direkt überwiesen wird, ist es dringend geboten einen Antrag auf Soziale Härte bei der Hausverwaltung zu stellen, denn das jeweilige Amt kann – falls kein Antrag gestellt und beschieden worden ist – den/die jeweilige Mieter:in dazu auffordern sich umgehend eine neue, billigere Wohnung zu suchen.
Grundsätzlich gilt: Lieber jetzt und rechtzeitig einen Antrag stellen – sicherheitshalber per Einschreiben – auch wenn vielleicht die 30%-Marke gerade mal “nur” knapp angekratzt wird.
Selbst wenn die Einverständniserklärung schon gegengezeichnet bei talyo eingegangen ist – kann man noch bis Eingang 30.9. diese Unterschrift zurückziehen und stattdessen z.B. einen Antrag stellen auf Anerkennung als Fall Sozialer Härte.
Apropos “Einverständniserklärung” hier gibt es doch noch ganz spezielle Unstimmigkeiten bezüglich der betroffenen Aufgänge des langgestreckten Gebäuderiegels vom Pillnitzer Weg 1, direkt an der Heerstraße bis zu den zwölf Stockwerken der Hausnummer 21:
In dem Schreiben der Hausverwaltung zur Ankündigung der Modernisierung (gem. § 555c BGB) an die Mieterschaft in allen o.g. Aufgängen werden jedoch konkrete Abläufe, Maßnahmen und Termine ausschließlich für die Aufgänge Pillnitzer Weg 1 bis 13 benannt.
Bleibt es bei den 2,6 Mio € auch mit den Aufgängen 15-21?
Angeblich seien, wie manche Mieter von der Hausverwaltung erfahren haben, für die Hochhäuser der Aufgänge 15-21 ganz andere und aufwändigere Rüstungen notwendig, weshalb dafür noch keine konkreten Angaben erfolgt sind.
Daraufhin hat die Initiative der Mieter:innen eine entsprechende schriftliche Anfrage bei der Hausverwaltung gestellt u.a. mit der entscheidenden Frage: inwiefern sichergestellt sei, dass das genannte Gesamtvolumen der Modernisierungskosten von Fassaden, Fenstern, Dach und Kellerdecken … in Höhe von rund 2,6 Mio EUR schon die “höheren Anforderungen” für den Teilkomplex der vier Aufgänge 15-21 beinhalten?
Dementsprechend wurde auch bei der Versammlung am Montag 12.9. nochmals die Rechtsauffassung betont, dass von den Mieter:innen der Aufgänge Pillnitzer 15-21 – unter diesen Umständen –zu den Maßnahmen kein Einverständnis verlangt werden kann, da noch alle wesentlichen Informationen, was, wann und wie erfolgen soll, nicht vorliegen und so auch dazu keine Duldung erklärt werden kann.
Um allen Widrigkeiten vorzubeugen, kann man ja ein kurzes Schreiben an die Hausverwaltung schicken, mit der Erklärung, dass man ohne Informationen über die Maßnahmen, Termine und Abläufe der Modernisierung im Hausaufgang 15, 17, 19 oder 21 noch kein Einverständnis erklären kann und erst den Eingang eines entsprechenden Schreibens der Hausverwaltung abwarten muss.
Nach diesen umfassenden Informationen und dem Austausch mit dem Mietrechtsexperten Marcel Eupen, vom AMV – Träger der bezirksgeförderten kostenlosen Mieterberatung immer montags 15.30-18.30 Uhr im Stadtteilzentrum Staakentreff, Obstallee 22E – wurde gemeinsam ein Schreiben an den Bezirksstadtrat für Soziales Gregor Kempert formuliert und von den am Schluss der Veranstaltung noch anwesenden Mieter:innen unterschrieben.
Darin wird der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass – wie den aktuellen Verhandlungen mit der Deutschen Wohnen für die Siedlung An der Kappe im Falkenhagener Feld – auch für die anstehenden Modernisierungen am Pillnitzer Weg über das Bezirksamt versucht wird mit Eigentümerin und Verwaltung Vereinbarungen zu treffen, für sozial verträgliche Kappungsgrenzen der Mieterhöhungen oder Verzichtserklärungen bezüglich weiterer Mieterhöhungen über einen längeren Zeitraum usw.
Übrigens: Für die Mieterversammlung am Montag 12. 9. hat die Ev. Kirchengemeinde zu Staaken den Saal in ihrem Gemeindehaus kostenlos zur Verfügung gestellt. Darüberhinaus war auch Pfarrer Cord Hasselblatt als interessierter Gast am Montagabend mit dabei und hat gegenüber den Mieter:innen erklärt, ihre berechtigten Forderungen nach sozial verträglichen Lösungen zu unterstützen.
Die Einwohnerinitiative Pille 1-21 kommt
immer donnerstags 18 Uhr zusammen im
Familientreff Staaken im EG Pillnitzer Weg 21
und freut sich über JEDE(N) Mitstreiter:in.
zum Nachlesen:
• Alte Klagen neue Heizungen höhere Mieten v. 30.8.2022
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