
Ganz unterschiedliche Einschätzungen des neuen Anspruchs der “Inklusion” – Allen, egal welcher Herkunft, mit oder ohne körperliche, geistige Beeinträchtigung eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu garantieren – kamen beim Fachgespräch am Mittwoch im Gemeindesaal der ev. Kirche zum Ausdruck.

Michael Ozdoba von der Christian-Morgenstern-Grundschule konnte in seinem Praxisbericht auf eine gut 25jährige Erfahrung mit der Integration von Kindern mit Sprach-, Lern- und Sozialbeeinträchtigung, wie auch mit eingeschränkter körperlicher und geistiger Entwicklung zurückblicken und stellte dabei fest, dass die Schulen, seit 1987, dem Beginn Schüler mit Behinderungen nicht mehr auszusondern, sukzessive Kürzungen der Ausstattung mit Sonderpädagogen und mit speziellen Förderstunden, bei wachsenden Klassenstärken, hinnehmen mussten. Allen Unterlagen nach ist zu befürchten, dass nun mit der angeblich viel weiter gehenden “Inklusion” ein noch stärkerer Rückfall hinter die finanzielle Ausstattung der Schulen zur Zeit des integrativen Unterrichts geschehen wird.

Als Sonderpädagogin an der Sekundarschule an der Jungfernheide, der einzigen Spandauer Oberschule die auch Kinder mit geistigen Behinderungen im Regelunterricht aufnimmt, hat Frau Thäle diese Befürchtungen durchaus bestätigt. Und das obwohl ihre Schule mit 5 Sonderpädagogen, als modellhafte Schule für Alle, im Vergleich recht gut für inklusiven Unterricht aufgestellt ist. Aber auch dort bleiben – als nur teilgebundenen Ganztagsschule – viele Fragen offen, die nur über eine intensive Zusammenarbeit in einem Netzwerk mit psychiatrischen Diensten, Jugendamt, Ärzten, Therapeuten und Trägern der Jugendhilfe funktionieren kann, für die aber keine Ausgleichstunden angesetzt werden können.

Bernd Laufmann, der Beauftrage für Behinderte und Senioren des Bezirks hat vor allem die Ansätze der des Bezirks-Programms “Spandau inklusiv”für die Verwaltung skizziert und sprach von einem Paradigmenwechsel der mit Inklusion angestoßen wird und für den ein Umdenken notwendig wird: statt negativer Behinderung – Wertschätzung der Vielfalt der Ressourcen und der Fähigkeiten auch von Menschen mit speziellen Entwicklungen .
Empathie und Wertschätzung waren schon immer – wie zuvor Herr Ozdoba darstellte – Voraussetzung dafür, dass an Schulen und in der Gesellschaft Integration, Teilhabe statt Aussonderung stattfinden kann. So bleibt die Frage vorerst unbeantwortet ob Inklusion wirklich ein wichtiger Schritt weit nach vorne, ein Paradigmenwechsel, ein neues Muster oder doch nur “alter (dünner) Wein in neuen Schläuchen” ist.

Das Bildungsnetz Heerstraße wird ein ausführliches Protokoll des Fachgesprächs “Inklusion” der AG Oberschule des Bildungsnetzes Heerstraße veröffentlichen.
Das Bildungsnetz Heerstraße wird mit Mitteln der EU, der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin im Rahmen von “Zukunftsinitiative Stadtteil” Teilprogramm Soziale Stadt gefördert.
Thomas Streicher
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